Seifenblasen im Vorabendprogramm: Jens Lekman in Düsseldorf

by - Oktober 16, 2011

Den schwedischen Singer-Songwriter Jens Lekman habe ich schon vor einigen Jahren im Frankfurter Mousonturm live gesehen. Damals trat er mit einem kompletten Orchester auf, und besonders ist mir im Gedächtnis geblieben, dass alle Musiker goldene Schlüssel um den Hals trugen, was sie ein bisschen wie Sektenmitglieder wirken ließ.


Zwischendurch hat Herr Lekman einige Jahre pausiert und als Bingo-Croupier gearbeitet. Dann hat es ihn wohl doch wieder zur Musik gezogen, und so trat er in Düsseldorf im Rahmen des "New Fall"-Festivals auf. Selbiges hat sich zur Aufgabe gesetzt, Bands an der Grenze zwischen U- und E-Musik für erwachsenes Publikum in schönem Ambiente zu präsentieren. Auserkoren war der Robert-Schumann-Saal des Museum Kunstpalast, um "traditionellen Rockshow-Ritualen - matschigen Sounds, Hauptband erst kurz vor Mitternacht, muffigen Hallen" (Zitat Programmheft) zu entwachsen.  Neben Jens Lekman hätte man im Zeitraum zwischen dem 11. und 16. Oktober auch Gentleman, Nouvelle Vague, Jochen Distelmeyer und einige andere jeweils im Doppelpack sehen können - wenn man denn gewollt hätte.


Offenbar setzt man dabei auch auf ein eher betuchtes Publikum, denn den Kartenpreis von fast 30 Euro fand ich ziemlich happig. Hinzu kam, dass am selben Abend nach Jens Lekman, aber nicht im Rahmen desselben Konzertes, noch eine weitere Band auftrat. Um nach Herrn Lekman aber noch die ebenfalls schwedische Band Junip sehen zu können, hätte man aber noch einmal ebenso viel bezahlen müssen!

Wir erreichten Düsseldorf pünktlich kurz vor 19 Uhr, was auch gut war, denn in solchen altehrwürdigen Konzertsälen beginnen Veranstaltungen ja meist pünktlich. Und so betrat Herr Lekman auch recht bald die Bühne. Seit 2008 hatte er sowohl einiges an Haupthaar als auch einen Großteil seiner Begleitmusiker verloren: Ihn begleitete lediglich ein einzelner bärtiger Herr aus Indiana am Schlagzeug.  Die beiden spielten zuerst das uns unbekannte Lied "Every little hair knows your name". Danach folgten einige ganz neue Songs sowie zwei von seiner aktuellen, mir ebenfalls noch unbekannten, EP "An argument with myself". Lekmans Methode des Songwritings hat sich dabei seit 2008 nicht großartig verändert: Nach wie vor schreibt er ganze Lieder über höchstwahrscheinlich wahre Ereignisse aus seinem Leben, sei es, wie er einmal beinahe Kirsten Dunst kennen lernte oder auch, wie er zum Friseur geht.


Zunächst gab es außer Lekmans Gitarre und dem Schlagzeug keine weitere Begleitung, später ließ er aus einem kleinen Zauberkasten andere Instrumente wie Bläser und Streicher erklingen. Nachdem das ebenfalls neue Lied "Golden Key" endlich einmal die alte Schlüssel-Sache erklärte, wurde beim alten Favorit "The Opposite of Hallelujah" ein komplettes Orchester aus der Kiste geholt, aus der Decke regnete es Seifenblasen, man wurde aufgefordert, zu tanzen, Lekman spielte in der Luft Glockenspiel, der Funke sprang endlich aufs Publikum über ... und anschließend verließen die beiden Musiker die Bühne. Konnte das wahr sein? Es war doch noch vor 8 Uhr abends, und das Konzert hatte doch eben erst richtig begonnen!

Nach energischem Applaus kamen sie sofort zurück, und man konnte kurz darauf hoffen, dass das Konzert vielleicht zwei Hälften habe. Aber tatsächlich befanden wir uns bereits im Zugabenteil, nach zwei weiteren, temporeichen Songs mussten wir Lekman wieder hinter der Bühne hervor klatschen. Dieses Mal kehrte  er allein zurück, sang uns auf der Gitarre die ebenfalls alten und beliebten Songs "And I remember every kiss" und "Shirin" - wobei er bei letzterem ohne Mikrophon zur Gitarre singend durch den Saal wanderte - und dann war endgültig Schluss.


Durch weiteren frenetischen Applaus ließ sich Herr Lekman dann doch noch einmal hervor klatschen, aber nur, um mitzuteilen, dass er nicht mit einer weiteren Zugabe der Stimmung vom Ende von "Shirin" zerstören wolle. Er werde aber gleich im Foyer sein und sei dann bereit, auf Anfrage persönlich weitere Songs vorzusingen. Ob diesem Angebot jemand nachkam, weiß ich nicht, aber tatsächlich war der Künstler noch lange neben dem Merchandise-Stand, und es bildete sich vor ihm eine lange Autogramm-, Foto- und Konversationsschlange.

Wir schafften es dank der kurzen Abendgestaltung, bereits um 11 wieder in Koblenz zu sein. Das hatte auch seine Vorteile, dennoch wäre uns ein längeres Konzert mit mehr alten "Hits" deutlich lieber gewesen. Dann wäre man auch nicht so in Versuchung gekommen, den bezahlten Preis pro Lied auszurechnen. Oder die Anfahrtzeit mit der Konzertdauer zu vergleichen.


01: Every little Hair knows your Name
02: I saw her in the Anti-War Demonstration
03: A sweet Summer Night on Hammer Hill
04: An Argument with myself
05: Waiting for Kirsten
06: The End of the World is bigger than Love
07: Cowboy Boots
08: Black Cab
09: Golden Key
10: The Opposite of Hallelujah

11: That's the Way Love is (Ten City Cover)
12: Sipping on the sweet Nectar

13: And I remember every Kiss (Jens Lekman solo)
14: Shirin (Jens Lekman solo)

(Setliste bei Christoph geklaut)

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