Mein erstes Interview: Pete Fijalkowski

by - März 27, 2012

In den Neunziger Jahren verfolgte ich den recht schnellen Auf- und Abstieg der britischen Band Adorable. Beide Alben begeisterten mich, ich war bei zwei Konzerten in London, doch leider war es mit der Band recht schnell wieder vorbei. Sänger Piotr Fijalkowski kehrte später mit einer neuen, ebenfalls guten Gruppe namens Polak zurück, aber auch für diese Band fand der große Durchbruch nicht statt.


Obwohl Adorable im Vergleich zu Britpop-Abräumern wie Suede relativ unbekannt sind, sind mir im Lauf der Jahre immer wieder Menschen begegnet, die diese Band genauso schätzten wie ich, und stets war es eine ausgesprochen schöne Erfahrung, im Rahmen irgendeines Gesprächs zu entdecken, dass es Adorable doch in mehr Herzen geschafft hatte, als man meinen würde.

Meine Freunde von Sublime lernten Pete Fij - so kürzt er sich heutzutage ab - vorletztes Jahr in München kennen, man blieb in Kontakt und am Karsamstag wird Pete mit einem weiteren Mitglied einer recht bekannten Neunziger-Band, Terry Bickers von House of Love, in Regensburg auftreten - als Sublime-Event.

Für das Vorab-E-Mail-Interview zum Konzert habe ich auch einige Fragen beigesteuert und in verschiedene Richtungen übersetzt. Hier kommt Teil 1, in dem die Bickers-Fijalkowski-Kooperation erläutert wird, wir Petes Meinung zu Band-Wiedervereinigungen erfahren und das Ende der Band Polak erklärt wird.



Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Terry?

Ich kannte Terry ein wenig über einen gemeinsamen Freund und bat ihn 2009, mich bei einigen Auftritten zu unterstützen, bei denen ich Songs von mir in einem sehr reduzierten Stil spielte. Ich hatte Terrys Arbeit bei The House of Love immer sehr bewundert, und so hat es mich sehr gefreut, als einer meiner Jugendhelden Ja sagte. Die Konzerte liefen gut, und wir bekamen positive Reaktionen, also beschlossen wir, ein Album aufzunehmen.

Wann erscheint euer gemeinsames Album? Wie funktioniert das Schreiben der Lieder? Arbeitet ihr gemeinsam oder getrennt?

Wir haben noch keinen feststehenden Termin, aber wir sprechen mit zwei bis drei interessierten Firmen. Ich hoffe, wir schaffen es im Sommer oder Herbst 2012. Das Album enthält hauptsächlich Titel, die ich bereits geschrieben und aufgenommen hatte, aber aus Gründen, die ich selbst nicht so genau weiß, hatte ich sie noch nie jemand vorgespielt. Wir haben sie gemeinsam arrangiert, und so haben die Lieder sich weiter entwickelt – einige sind ihren ursprünglichen Versionen noch sehr ähnlich, andere bekamen zusätzliche Passagen. Einer der Titel, „Breaking Up“, basiert auf einer Gitarrenmelodie, die Terry vor vielen Jahren komponiert und jahrelang vergessen hatte, ich ging dann hin und nahm sie als Grundlage für einen Song.

Kannst Du schon etwas zur Setliste beim Regensburger (Sublime)-Konzert verraten?

Die genaue Setliste weiß ich noch nicht, aber wir werden die meisten Songs vom Album spielen, und zusätzlich wahrscheinlich ein oder zwei Cover. Als ich jünger war, hatte ich eine strikte „keine Coverversionen“-Politik, aber anscheinend bin ich mit den Jahren flexibler geworden – vielleicht, weil ich generell nicht mehr so empfindlich bin.

Die Texte sind bei deiner Musik immer sehr wichtig gewesen. Wie schreibst du sie? Hast du literarische Vorbilder?

Ich denke, auf dieser Platte sind die Texte tatsächlich sehr wichtig – vielleicht wichtiger als auf allen meinen bisherigen Alben – teils, weil sie wegen der sehr reduzierten Art der Musik so stark im Vordergrund stehen. Das Album hat ein zentrales Thema, das sich hindurchzieht: Das von verlorener Liebe. Ich habe keine bewussten Vorbilder, aber ich mag die extrakurzen Kurzgeschichten von Richard Braughtigan, weil er mit nur ein paar Sätzen eine Geschichte erzählen kann. Mir gefällt die Sparsamkeit seines Schreibstils. Ich glaube, mein eigener Stil ist mit zunehmendem Alter weniger verblümt und direkter geworden – heutzutage verstecke ich mich nicht mehr so oft hinter Metaphern.

Mit Terry wandelst du ja eher auf akustischen Pfaden. Hast du auch Lust, mal wieder mit einer ganzen Band zu spielen?

Ich würde gerne irgendwann wieder mit einer Band spielen, aber dieses Projekt mit Terry ist sehr darauf zugeschnitten, dass es nur uns beide gibt. Die Begleiterscheinungen davon, eine Band zu haben, machen es problematischer – damit meine ich das Organisatorische. Es wäre viel schwieriger für uns, für Auftritte nach Europa zu fahren, wenn wir mehr Personen wären, und auch die Schwierigkeiten dabei, vier oder fünf Menschen gleichzeitig in denselben Proberaum oder ein Aufnahmestudio zu bekommen, waren einer der Gründe, warum ich beschloss, erst einmal keine Band mehr zu haben. Ich stellte irgendwann fest, dass ich mehr Zeit damit verbrachte, für die anderen Leute zu organisieren, als damit, Musik zu schreiben und zu spielen. Ich habe noch ein anderes Projekt mit einem besser für eine richtige Band geeigneten Sound, an dem ich gerne irgendwann arbeiten würde, aber vielleicht läuft es auch darauf hinaus, dass ich alle Instrumente selbst spiele!

2012 ist das Jahr der Wiedervereinigungen: The Stone Roses, Happy Mondays, Mazzy Star. Bestehen Chancen für eine Adorable-Reunion? Hast du zu den anderen Bandmitgliedern noch Kontakt?

Ich spreche gelegentlich noch mit den anderen, aber sie haben mittlerweile alle respektable Erwachsenenberufe an Schulen und Universitäten, also glaube ich, dass eine Wiedervereinigung schwierig wäre. Man soll niemals nie sagen, aber es ist recht unwahrscheinlich – wobei die Antwort auf die nächste Frage vielleicht zeigt, wie ich zu solchen Dingen stehe.

Gibt es eine Band, deren Wiedervereinigung du selbst gerne sehen würdest?

Ich bin kein großer Fan davon, wenn sich Bands wieder zusammen tun. Im allgemeinen freut man sich darauf und ist dann etwas enttäuscht, wenn einem klar wird, dass die Band älter, grauer und dicker geworden ist – wie man selbst!

Das Ende von Adorable ist gut dokumentiert, aber wann und warum haben sich Polak getrennt?

Polak haben sich getrennt, weil die anderen Mitglieder arbeiten mussten, und obwohl One Little Indian anbot, mit uns ein drittes Album aufzunehmen, hätten wir daran nicht genug verdient, um uns ausschließlich auf die Band konzentrieren zu können (bei den ersten beiden Platten war das auch nicht anders). Die Tatsache, dass die anderen Bandmitglieder nicht die Möglichkeit hatten, sich von ihren Berufen frei zu nehmen, hätte bedeutet, dass wir keine Tour hätten machen können, um das Album zu promoten. Und ich hatte keine Lust, so viel Zeit und Mühe in ein Projekt zu stecken, das wir dann nicht ordentlich durchführen konnten. Ich habe das Glück, dass ich als Buchhändler selbständig bin, so kann ich mir so viel frei nehmen, wie ich möchte, aber dieses Glück hat nicht jeder.

Was denkst du als jemand, der beruflich mit Büchern zu tun hat, über E-Books?

Sie werden mich wahrscheinlich ruinieren, aber ich glaube, dass ich noch einige Jahre Bücher verkaufen kann. Meine Millionen werde ich dann mit der Musik verdienen müssen!

You May Also Like

0 comments